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Scheinträchtigkeit bei Hunden: Ein natürlicher, oft missverstandener Vorgang

Die Scheinträchtigkeit (Pseudogravidität) ist ein Phänomen, das viele Hundebesitzerinnen und -besitzer verunsichert. Es handelt sich dabei um einen natürlichen hormonellen Prozess, der seinen Ursprung in der Zeit hat, als Hunde noch in Wolfsrudeln lebten. Doch was genau verbirgt sich hinter der Scheinträchtigkeit? Warum tritt sie auf und wie äußert sie sich?

In diesem Blogartikel werden wir uns genauer mit diesem Thema befassen und die Hintergründe sowie mögliche Auswirkungen der Scheinträchtigkeit bei Hündinnen beleuchten. Erfahren Sie mehr über dieses Relikt aus vergangenen Zeiten und erhalten Sie wertvolle Informationen, um Ihre Hündin während dieser Phase bestmöglich zu unterstützen.

Hormonelle Vorgänge

Um das Phänomen der Scheinträchtigkeit bei Hunden besser zu verstehen, ist es wichtig, den normalen Zyklus einer Hündin zu kennen. Im Durchschnitt wird eine Hündin zweimal im Jahr läufig. Der Zeitpunkt des Eintritts der Geschlechtsreife variiert bei Hunden je nach Rasse.

Bei Hündinnen kleinerer Rassen kann die erste Läufigkeit bereits im Alter von einem halben Jahr auftreten, während es bei größeren Hündinnen auch bis zum zweiten Lebensjahr dauern kann, bis sie zum ersten Mal läufig werden. Der Zyklus einer Hündin lässt sich in vier Phasen unterteilen:

Proöstrus (Vorbrunst)

Die erste Phase wird als Proöstrus bezeichnet und ist die Anfangsphase der Läufigkeit. In dieser Phase schwillt die Vulva der Hündin an und es tritt eine blutige oder rötliche Schmierblutung auf. Die Hündin kann auch vermehrt urinieren, um ihr Revier zu markieren. Während des Proöstrus ist die Hündin noch nicht bereit zur Paarung und weist oft abweisendes Verhalten gegenüber Rüden auf, denn für diese riecht sie in dieser Phase schon sehr interessant.

Östrus (Brunst)

Die zweite Phase ist der Östrus, auch bekannt als die „Standhitze“. In dieser Phase schwillt die Vulva weiter an und die Blutung nimmt ab, wird wässriger, schleimiger oder hört ganz auf. In dieser Zeit finden mehrere Eisprünge statt, die Hündin ist jetzt empfängnisbereit und zeigt Interesse an Rüden. Der Östrus dauert normalerweise etwa neun Tage, kann aber von Hund zu Hund variieren.

Metöstrus (Nachbrunst)

Nach dem Östrus folgt die Metöstrus-Phase, auch bekannt als Nachhitze oder Nachbrunst. In dieser Phase beginnt sich die Vulva wieder zurückzubilden und es kommt zu einer gelblichen oder bräunlichen Ausfluss. Die Hündin ist immer noch empfängnisbereit, zeigt jedoch weniger Interesse an Rüden. Diese Phase dauert in der Regel etwa 60 bis 90 Tage.

Obwohl in dieser Phase fast keine oder keine Läufigkeitssymptome mehr erkennbar sind, so finden doch über mehrere Wochen starke hormonelle Veränderungen im Körper der Hündin statt:

Der Gelbkörper, der nach dem Eisprung während der Standhitze entsteht, produziert das Hormon Progesteron. Dieses Hormon bereitet die Gebärmutter auf die Einnistung und das Wachstum des Embryos vor, unabhängig davon, ob es zu einer Befruchtung gekommen ist oder nicht. Danach wird der Gelbkörper wieder abgebaut und der Progesteron-Spiegel sinkt und gleichzeitig steigt das Prolaktin an. Dieses Hormon regt die Milchbildung an und sorgt für mütterliche Gefühle bei der Hündin – es kommt zu der sogenannten „Scheinschwangerschaft“.  Eine Scheinträchtigkeit bei Hunden ist also ein natürlicher hormoneller Prozess, der bei jeder Hündin auftritt.

Metöstrus (Ruhephase)

Die Metöstrus-Phase dauert in der Regel etwa 60 bis 90 Tage. Während dieser Zeit erholt sich der Körper der Hündin von der Läufigkeit und bereitet sich auf den nächsten Zyklus vor.

Macht eine Scheinträchtigkeit Sinn?

Zur Arterhaltung auf alle Fälle!

Hunde stammen vom Wolf ab, einem Rudeltier, in dem nur die Leitwölfin Nachwuchs bekommt. Die rangniedrigeren Wolfsweibchen bleiben unbefruchtet, werden aber zur selben Zeit läufig und entwickeln eine Scheinträchtigkeit . Für das Überleben des Rudels ist es entscheidend, dass den Welpen nichts passiert und sich das Alphaweibchen schnell von der Geburt erholt und Unterstützung in der Aufzucht erhält. Durch den gleichzeitigen Zyklus der Wolfshündinnen im Rudel können die scheinbar schwangeren Tiere mit ihrer produzierten Milch bei der Aufzucht der Welpen helfen.

Dieser synchrone Zyklus zeigt sich auch bei wild lebenden Hunderudeln und manchmal sogar bei Haushunden in Mehrhundehaltung.

Scheinträchtigkeit ein Überbleibsel der Vorfahren
Scheinträchtigkeit ein Überbleibsel der Vorfahren

Symptome

Während einer Scheinträchtigkeit bei Hündinnen können verschiedene Symptome auftreten. Diese können von Hund zu Hund variieren, aber typische Anzeichen sind:

  • Veränderungen im Verhalten: Die Hündin kann anhänglicher, ruheloser, ängstlicher, aggressiver und/oder depressiver werden. Sie kann vermehrt Nestbauverhalten zeigen und Gegenstände sammeln, um ein „Nest“ für ihre vermeintlichen Welpen zu bauen
  • Veränderungen in den Brustdrüsen: Die Brustdrüsen der Hündin können anschwellen und empfindlich werden. Oftmals tritt auch eine Milchproduktion ein
  • Appetitveränderungen: Manche Hündinnen haben während der Scheinträchtigkeit einen gesteigerten Appetit, während andere weniger Interesse am Fressen zeigen und träge werden
  • Gewichtszunahme: Aufgrund von Wassereinlagerungen und hormonellen Veränderungen kann es zu einer vorübergehenden Gewichtszunahme kommen
  • Veränderungen im Genitalbereich: Die Vulva der Hündin kann geschwollen sein und es kann vermehrter Ausfluss auftreten

Diese Veränderungen stellen keine gesundheitlichen Risiken dar und klingen von selbst wieder ab. Wenn jedoch extrem starke Symptome auftreten, sollte ein Tierheilpraktiker oder Tierarzt aufgesucht werden.

Scheinsträchtigkeit ist kein Kastrationsgrund!

§ 6 Abs. 1 Satz 1 TierSchG „… verbietet das das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen oder das vollständige oder teilweise Entnehmen oder Zerstören von Organen oder Geweben eines Wirbeltieres.

Darunter fallen auch die Kastration und Sterilisation.

Für Haustiere sind diese operativen Eingriffe im Einzelfall erlaubt, wenn sie nach der Indikation eines Tierarztes (=medizinischer Hintergrund) geboten sind, zum Beispiel bei einer Hündin Tumore an Eierstock oder Gebärmutter auftreten.

Eine Kastration stellt immer einen starken Eingriff in den Hormonhaushalt der Hündin dar und sollte nur unter strenger Indikationsstellung in Betracht gezogen werden.

Fazit: Eine gesunde Hündin darf nicht kastriert werden, wenn sie Scheinträchtigkeitssymptome zeigt. Denn diese sind biologisch völlig normal und keine Erkrankung!

Wie kann ich meine Hündin unterstützen?

  • Lange Spaziergänge können eine gute Möglichkeit sein, um Hündinnen während einer Scheinträchtigkeit abzulenken. Es ist wichtig, ihnen ausreichend Bewegung und mentale Stimulation zu bieten, um ihre Energie zu kanalisieren und sie abzulenken und auf andere Gedanken zu bringen.
  • Das Belecken der Zitzen während der Scheinträchtigkeit kann zu einer erhöhten Ausschüttung von Prolaktin führen. Das Hormon regt den Milchfluss an und verstärkt die Symptome der Scheinschwangerschaft. Um dies zu vermeiden, sollten Maßnahmen ergriffen werden, um die Hündin davon abzuhalten, ihr Gesäuge zu belecken, zum Beispiel durch einen Body oder Shirt.
  • Es kann auch hilfreich sein, Spielzeug und Kuscheltiere rechtzeitig „verschwinden“ zu lassen, um zu verhindern, dass die Hündin diese als Welpenersatz sieht und bemuttert. Hat die Hündin jedoch bereits begonnen, Gegenstände zu behüten, ist es oft am besten, ihr diese „Babys“ zu lassen. Das Entfernen der Dinge würde in dieser Zeit zusätzlichen Stress bedeuten.
  • Bei Milchleistenentzündungen können Umschläge mit Quark oder essigsauerer Tonerde parallel zur schulmedizinischen Behandlung Linderung verschaffen
Kuscheltiere und anderen
Kuscheltiere und anderen "Babyersatz" frühzeitig verschwinden lassen

Phytotherapeutika, die sich auf die hormonelle Balance und die Prolaktinproduktion positiv auswirken können

Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus): Dieses Kraut wird oft zur Regulierung des Hormonhaushalts eingesetzt und kann möglicherweise auch den Prolaktinspiegel senken (z. B. Pernaturam Phytormon)

Dosierempfehlung:

Phytormon täglich, am besten auf zwei Mahlzeiten verteilt, über das Futter geben.

≤ 5 kg Körpergewicht = 1 Messlöffel
= 15 kg Körpergewicht = 2 Messlöffel
= 30 kg Körpergewicht = 3 Messlöffel
≥ 40 kg Körpergewicht = 4 Messlöffel

Der Messlöffel fasst 1 g

Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa): Traubensilberkerze wird oft bei hormonellen Ungleichgewichten eingesetzt. Sie enthält Verbindungen die eine östrogenähnliche Wirkung haben können. Dies kann dazu beitragen, hormonelle Symptome wie Stimmungsschwankungen zu lindern. (z. B. Remifemin Mono)

Bockshornklee (Trigonella foenum-graecum): Bockshornklee enthält Verbindungen, die eine regulierende Wirkung auf den Hormonhaushalt haben können und somit möglicherweise auch den Prolaktinspiegel beeinflussen können (z. B. Bockshornkleesamen gem. PZN: 9712417)

Dosierempfehlung:

Hunde ab 25 kg: 1 – 3 g pro Tag
Hunde bis 25 kg: 0,5 – 1 g pro Tag

Salbei (Salvia officinalis): Salbei wird traditionell zur Linderung hormoneller Beschwerden eingesetzt und kann möglicherweise auch den Prolaktinspiegel reduzieren (z. B. Salbeiblätter geschn. PZN: 08465997)

Dosierempfehlung:

≤ 5 kg Körpergewicht = 0,5 Teelöffel
bis 15 kg Körpergewicht = 1 Teelöffel
15-30 kg Körpergewicht = 1 Esslöffel
≥ 40 kg Körpergewicht = 1-2 Esslöffel

Vitalpilz Cordyceps sinensis (Extrakt): Wird in der Mykotherapie oftmals wegen seiner ausgleichenden und adaptogenen Wirkung auf das Hormonsystem eingesetzt (z. B. Hawlik Cordyceps)

Dosierempfehlung:

≤ 10 kg Körpergewicht = 150-300 mg Extrakt pro Tag
10 – 20 kg Körpergewicht = 300-600 mg Extrakt pro Tag
20 – 50 kg Körpergewicht = 600-1200 mg Extrakt pro Tag

Hormeel SNT: Dieses homöopathisches Arzneimittel  wird zur natürlichen Behandlung von Störungen des weiblichen Zyklus angewendet. (PZN 2740451)

Dosierempfehlung:

3 – 4x täglich 5 – 10 Tropfen mit 30 Minuten Abstand zum Essen

Tipp

Bei den meisten Phytotherapeutika sollte schon 1-2 Wochen vor dem Eintreten der Scheinträchtigkeit mit der Einnahme begonnen werden.

„Einmal Junge bekommen und danach ist Schluss mit der Scheinträchtigkeit!“

Der weit verbreitete Mythos, dass eine Hündin nachdem sie einmal Welpen bekommen hat, keine Scheinträchtigkeit mehr erlebt, hält sich hartnäckig. Die Scheinträchtigkeit ist ein hormonelles Phänomen, das durch den Anstieg des Hormons Prolaktin verursacht wird. Dieses Hormon wird auch während der Trächtigkeit und nach der Geburt produziert, um die Milchproduktion anzuregen. Daher kann es auch nach einer erfolgreichen Trächtigkeit zu einer Scheinträchtigkeit kommen.

Fazit

Scheinträchtigkeit ist ein ganz normaler Teil des Fortpflanzungszyklus der Hündin und verursacht in den meisten Fällen keine ernsthaften gesundheitlichen Probleme. Wenn jedoch die Symptome der Scheinträchtigkeit stark ausgeprägt sind oder länger als üblich anhalten, sollte ein Tierarzt konsultiert werden, um weitere Untersuchungen durchzuführen und gegebenenfalls eine geeignete Behandlung einzuleiten.

Quellen & Literatur

Melitta, Paar (2007), Vom Wolf zum domestizierten Hund, Wien

Roberta, Baxter (2014), Taschen-Tierarzt für Hunde, Nerdlen/Daun

Nina, Dorothee Hahn (2009), Zur Pyometra beim Hund Eine Literaturstudie und die Vorstellung zweier
mit dem Casus System erstellten Lernfälle, München

Wanda, May Pulfer (2015), Mykotherapie für Tiere, Stuttgart

Kristina, Vormwald (2016), Praxisbuch für Tierheilpraktiker, Stuttgart

Tierschutzgesetz, URL: https://www.gesetze-im-internet.de/tierschg/__6.html (Stand: 11.12.23)

Bilder: URL: https://www.pexels.com/de-de/

Kastration aus verhaltensbiologischer Sicht , URL: https://www.sitzplatzfuss.com/wp-content/uploads/2012/12/SPF_2_Kastration.pdf (Stand:11.12.23)

Scheinträchtigkeit beim Hund – Was ist das?, URL: https://www.tiermedizinportal.de/tierkrankheiten/hundekrankheiten/scheintrachtigkeit-beim-hund (Stand:24.11.23)